Rezension
Seinen Rang als Großwerk kann Max Regers Op. 114 sicherlich niemand absprechen – wobei die Gründe, daß es seinen Platz im Konzertrepertoire nie fand, durchaus auf der Hand liegen: Der Schwierigkeitsgrad ist enorm, die Aufführung für den praktisch ununterbrochen beschäftigten Solisten extrem anstrengend – doch der melodische Reichtum liegt längst nicht so offen zutage wie sagen wir, bei Brahms oder gar Rachmaninoff. Man muß das wirklich spielen wollen. Der gebürtige Osnabrücker Markus Becker hat schon lange eine intensive Beziehung zum Werk dieses großen deutschen Spätromantikers; seine Gesamteinspielung des Solo-Klavierwerkes zählt zu den größten pianistischen Leistungen der vergangenen (mindestens) drei Jahrzehnte. Im Januar 2017 führte Becker dann erstmals dieses Monster von einem Klavierkonzert auf, das sowohl „Löwenpranken“ (FonoForum-Kritik) verlangt wie ein Höchstmaß an Sensibilität. Die Aufnahme davon wurde 2019 endlich auf CD veröffentlicht, zu international euphorischen Kritiken. Mit Recht, denn Becker und dem kongenial agierenden Dirigenten Joshua Weilerstein (die Balance zwischen Orchester und Soloinstrument ist durchweg ideal!) gelang es, das Monster zu zähmen, die große Schönheit der oft als „überinstrumentiert“ mißverstandenen Musik Regers offenzulegen und zugänglich zu machen. Als Hörer gefordert ist man immer noch, aber leichter als hier war der Weg in diese phantastische und einzigartige Klangwelt noch nie. Man möchte den Künstlern persönlich dafür danken – und dem Label für die Entscheidung, dieses Glanzlicht nun auch auf Vinyl zu veröffentlichen! (2019, rec. 2017/2023)