Es ist eigentlich ein fast billiger Trick, „Heil Dir im Siegerkranz“ und „God Save The King“ zu verschmelzen (nebst zeitgenössischer Parodien) – aber viel deutlicher kann man den Irrsinn des gegenseitigen Abschlachtens von Menschen mit einem offensichtlich identischen kulturellen Hintergrund kaum darstellen. Viel recherchiert hat die Band im Vorfeld dieses Albums, das vielleicht das gewichtigste ihrer gesamten Diskographie ist. In Tonarchiven gestöbert, die Korrespondenz der damaligen Monarchen gelesen. Daß die Neubauten-Musik inzwischen nicht mehr zwangsweise aus avantgardistischen Kakophonien bestehen muß, sondern durchaus auch klassische Songstrukturen beinhaltet, macht es nicht leichter verdaulich, eher im Gegenteil. Die Texte der Telegramme von Wilhelm II. und Zar Nikolaus wirken in solchem Rahmen umso erschütternder: Lapidare Worte mit unfaßbar zerstörerischen Konsequenzen. Ob der ganze Kriegsverlauf als 13minütiges Perkussionsstück oder Originalaufnahmen von Kriegsgefangenen auf alten Wachszylindern, die in der Berliner Humboldt-Universität aufbewahrt werden: Den Neubauten ist es gelungen, nicht nur den Schrecken und Wahnsinn des Krieges, sondern auch seine Komplexität zu vertonen. Faßbarer wird er dadurch nicht. (2014)