Rezension
Sein Baguette verdiente Michel Legrand bekanntlich mit effektvollen Easy Listening-Platten; später mit Filmmusik. Gelegentlich aber nahm der geniale Arrangeur reine Jazz-LPs auf, und die waren in der Regel grandios. Ganz besonders gilt das für dieses erste Jazz-Projekt aus dem Jahre 1958. Legrand organisierte es vor Ort, nämlich in New York, und fragte offenbar jeden, der gerade da war, ob er mitmachen wolle. Weil dem so charmanten wie Jazz-euphorischen Franzosen niemand etwas abschlagen konnte, führte das zu drei außergewöhnlich (selbst für jene Ära!) hochkarätig besetzten Sessions, jeweils in mittlerer Big Band-Stärke. Art Farmer, Donald Byrd, Jimmy Cleveland, Phil Woods, Teo Macero und Osie Johnson zählten zu einer 15 Mann starken Combo am 30. Juni; drei Tage zuvor war Legrand mit u.a. Jimmy Cleveland, Herbie Mann, Ben Webster, Hank Jones und George Duvivier im Studio gewesen. Die früheste Session aber ist die bedeutendste: Miles Davis, John Coltrane, Woods, Mann, Bill Evans, Paul Chambers, dazu Vibraphonist Eddie Costa und eine Harfenistin (Betty Glamann). Angesichts solcher Möglichkeiten (und des auch die höchsten Erwartungen vollständig erfüllenden Ergebnisses) ist es ein wahrer Jammer, daß Legrand seine Kontakte zur Jazzwelt nicht wesentlich öfter nutzte… – Die Impex-Ausgabe stellt alles bislang Dagewesene in den Schatten – und zwar mit beeindruckender Deutlichkeit. Für Chris Bellmans neues Vinyl-Mastering (erstmals von den echten 1958er Ur-Bändern) vergab Szene-Guru Michael Fremer auf Analogplanet die rare Höchstwertung von elf Punkten. Besser abbilden läßt sich die hervorragende Akustik des legendären Columbia-Studios in der 30th Street (eine ehemalige Kirche) kaum. Das optisch wie haptisch perfekte Tip-On-Cover reproduziert auch endlich das Artwork der US-Originalausgabe. 3000 wurden gepreßt: Get one! (1958/2017, Pressung aktuell)