Rezension
So niedrig die Jahresdurchschnittstemperatur im norwegischen Trondheim auch sein mag: Das dortige Trondheim Jazz Orchestra ist derzeit eine der heißesten Adressen für innovativen Big Band Jazz. Und somit genau die richtige Band für das ebenfalls aus Norwegen stammende Saxophon-Talent Marius Neset, der in seiner (noch) kurzen Diskographie bereits einige spannende Kombinationen ausprobiert hat. Neset schrieb die acht Kompositionen dieses Albums und sämtliche Arrangements, wobei die mit zwölf Mitgliedern vergleichsweise minimal besetzte Big Band klingt wie ein mindestens doppelt so großes Ensemble – weniger aufgrund von Lautstärke oder Klangfülle, sondern aufgrund der musikalischen Vielfalt. Mit klassischen Swing-Bands hat diese Musik nur wenig gemein, eher schon wird die Tradition von Klangforschern wie Stan Kenton oder Gil Evans fortgesetzt. Wenn man dieses Album mit einem Wort charakterisieren wollte, dann mit diesem: „Unvorhersehbarkeit“! Neset selbst steuert natürlich auch etliche seiner hakenschlagenden Soli bei, mit denen er sich in den letzten sechs Jahren einen Namen als einer der spannendsten Saxophonisten seiner Generation erspielt hat. Die Klischees zu skandinavischem Jazz (dunkel, elegisch, meditativ etc.) darf man bei diesem Kreativitäts-Feuerwerk jedenfalls getrost im Koffer lassen…! (2014)