Rezension
Im Jahre 1970 gab es gewiß etliche seltsame, grenzensprengende Platten, aber Robert Fripp wagte sich schon sehr weit hinaus. Mit einer neu besetzten Band (Sänger/Bassist Gordon Haskell, Drummer Andy McCulloch, Saxophonist / Flötist Mel Collins und Texter Peter Sinfield, dazu verschiedene zusätzliche Bläser sowie Ian Anderson als Gastsänger auf "Prince Rupert Awakes") schuf er vier Songs und eine seitenfüllende Suite, die mit Jazz und Klassik mindestens so viel zu tun haben wie mit Rockmusik: Manches erinnert an die Miles Davis/Gil Evans-Zusammenarbeit, anderes ist Free Jazz, der Songaufbau folgt keinem Strophe-Refrain-Schema, sondern eher der klassischen Sonatensatzform mit Exposition, Durchführung und Coda. Die Instrumentierung ist überwiegend akustisch, was den hervorragend integrierten Synthesizer umso interessanter macht. Die zeitgleichen Arbeiten der weit erfolgreicheren Pink Floyd wirken im direkten Vergleich wie Easy Listening – obwohl es auch hier durchaus ohrenschmeichelnde Melodien gibt. Man muß nur jederzeit damit rechnen, anschließend in kaltes Wasser gestoßen zu werden… – Die "Elemental Mixes" des KC-Produzenten und Fripp-Intimus David Singleton kann man in diesem Falle als "Recomposing" bezeichnen: Singleton hat anhand der kompletten verfügbaren Studiosessions mit unzähligen Alternate Takes eine gänzlich neue Version des Albums erschaffen, die noch einmal weit über Steven Wilsons 2009er Neuabmischung hinausgeht. Dies ist keine Wiederauflage, sondern eine echte Neubegegnung mit einem Klassiker des Prog Rock. (2025, rec. 1970)






