Rezension
Die Sechs-Song-EP scheint das ideale Format der Songwriterin aus Richmond, Virginia, zu sein – ist dies doch bereits die dritte ihrer Art. Mehr denn je möchte man aber von einem Album sprechen, auch wenn die Gesamtspielzeit von nicht einmal 20 Minuten dagegen zu sprechen scheint. Denn es ist nichts hinzuzufügen, der kleine Songzyklus ist perfekt so, wie er ist. Klangästhetisch an den mittleren bis späten 1960ern orientiert, werden Beatleologen sich vermutlich an Demos und Studio-Outtakes der Fab Four erinnert fühlen, aber das leicht Rauhe, Unfertige in diesen melodisch liebreizenden Songs gehört zum Konzept. Scheinbar unspektakulär, aber doch sehr raffiniert läßt Bollinger dezent psychedelische Pop-Meisterwerke entstehen, in denen aufmerksame Hörer freilich auch noch auf andere Zutaten (Jazz etwa) stoßen werden. Wer sich, was kaum verwunderlich wäre, gleich beim ersten Hören in das Mini-Album verliebt, wird es wohl für längere Zeit in Armlänge zum Plattenspieler aufbewahren wollen. (2022)