Rezension
Die musikalische Karriere des Allround-Ausnahmekünstlers begann bekanntlich spät, das Debütalbum erschien 2012, da war Holley bereits 62. Seither sind einige so großartige wie unkategorisierbare Werke erschienen, etwa das 2018er „MITH“ oder die 2021er Kooperation mit Matthew E. White „Broken Mirror – A Selfie Reflection“. Das so lapidar betitelte „Oh Me Oh My“ ist ein weiteres Großwerk – oszillierend zwischen altem Folk Blues, den Arbeiten von Brian Eno oder Laurie Anderson, Gil Scott-Herons Proto-Rap und, nicht zu vergessen, dem afro-futuristischen Jazz eines Sun Ra. Es gibt natürlich noch viel mehr, aber gänzlich dingfest machen läßt sich Holleys musikalisches Konzept nun einmal nicht, das liegt ja auch nicht in seiner Absicht. R.E.M.s Michael Stipe, Sharon Van Etten, Moor Mother, Rokia Koné und Justin Vernon haben Gastauftritte, Jacknife Lee produzierte – das Namedropping sei aber nur angeführt, um das Ansehen zu demonstrieren, das dieser außergewöhnliche Freigeist, dessen Kreativität auch die berüchtigte Alabama Industrial School For Negro Children (in der das Prinzip der Sklaverei bis weit in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts hinein praktiziert wurde) nicht brechen konnte, zumindest unter Kollegen genießt. Die Aura seines Genies ist auch auf diesem Album fast mit Händen zu greifen. (2023)