Rezension

Ein klassisches On-The-Spot-Album, von der ersten bis zur letzten Minute lockere Spontaneität atmend. Die Besetzung scheint zusammengewürfelt, funktioniert aber bestens. Es handelt sich nämlich mitnichten um „Kenny Burrell Meets The Jazz Messengers“! Eine Hauptrolle spielt hier der auf Schallplatte vergleichsweise unterrepräsentierte Saxophonist Tina Brooks, der Klavierstuhl wird zwischen Bobby Timmons und Roland Hanna gewechselt, Bass spielt Ben Tucker. Burrell und Blakey waren wohl einfach die zugkräftigsten Namen, unter denen dieser Livemitschnitt aus dem Five Spot Cafe dann eben veröffentlicht wurde. Großartige Momente der Kommunikation gibt es reichlich, sei’s zwischen Burrell und Hanna in „Hallelujah“, Brooks und Burrell in Dizzy Gillespies „Birk’s Works“ oder Blakey und Burrell in Thelonious Monks „Hackensack“ (hier als „Lady Be Good“ ausgewiesen, was grundsätzlich ja auch korrekt ist). In bezug auf die musikhistorische Bedeutung vielleicht keine von den ganz großen Pflicht-Blue Notes – aber lebendiger als hier klingt die Bop-Ära auf Schallplatte nur selten, wenige Alben transportieren dieses spontane Live-Session-Feeling so unmittelbar! Umso erfreulicher, daß das Konzert nun endlich in voller Länge (mit sechs zusätzlichen Tracks gegenüber dem Originalalbum) erfahrbar ist. Die Edition ist vorbildlich – Kevin Gray-Mastering und RTI-Pressung sind ja ebenso Tone Poet-Standard wie die aufwendigen Tip-On-Cover; hier kommt noch ein schönes Booklet mit unveröffentlichten Francis Wolff-Fotos und einem Interview zwischen Blue Note-Chef Don Was und dem 93jährigen Kenny Burrell dazu! (1959/2025)