Rezension
"Ornette!" entstand nur wenige Wochen nach dem bahnbrechenden "Free Jazz", klingt aber ganz anders. Das liegt vor allem am Bassisten: Als Ersatz für den ausgestiegenen Charlie Haden hatte sich Coleman von Bill Evans Scott LaFaro ausgeliehen! Nun sollte man meinen, daß Colemans 1961 (die Session fand am 31. Januar statt, das Album wurde aber erst über ein Jahr später veröffentlicht) doch sehr radikal wirkende Musik kaum weiter vom Kammer-Jazz des Evans-Trios entfernt sein könnte, doch LaFaro integrierte sich mühelos, und mehr als das: Sein dynamisches Spiel scheint die beiden Bläser Coleman und Cherry oft geradezu anzustacheln, vor sich her zu treiben, und man sollte mal einen Hördurchgang nur auf seine Bassläufe achten… Was bei genauer Betrachtung freilich für jeden der vier Musiker uneingeschränkt gilt, denn in den überwiegend langen vier neuen Coleman-Kompositionen fließen die Ideen nur so, es ist heute noch (sechseinhalb Jahrzehnte später!) ein schwindelerregendes Album… und dabei, das ist vielleicht das Bemerkenswerteste, doch in keiner Weise aggressiv! – Erfreulich, auch dieses Meisterwerk endlich in audiophiler Spitzenqualität hören zu dürfen. (1962/2025)