Rezension
Primetime Cooder! Das historische Musik-Verständnis des Gitarristen prägte auch seine frühen LPs – man versteht diese freilich heute viel besser, auch wenn es bezüglich ihrer Qualität nie irgendwelchen Zweifel gab. Cooder hatte nicht nur immer schon ein Gespür für große Songs, unabhängig von deren Alter – er stellte auch wie kaum jemand in seiner Generation Bezüge und Zusammenhänge her. Keineswegs schulmeisterlich, sondern mit unfehlbarem Gespür für den Groove. Die alte Washington Phillips-Nummer „Tattler“, die da schon ca. fünf Jahrzehnte auf dem Buckel hatte, klingt plötzlich wie etwas, was erst unlängst ein Chart-Hit gewesen sein könnte. Umgekehrt interpretiert Cooder den Bobby Womack-Hit „It’s All Over Now“ mit einem Trinidad-Groove, der den Song älter erscheinen läßt als das 1964er Original der Valentinos (gar nicht zu reden von der Stones-Version). Einen besonders schönen Bund mit der Vergangenheit gibt’s in der Schlußnummer – ein akustisches Gitarre-Klavier-Duett mit der 1903 geborenen Jazz-Legende Earl „Fatha“ Hines! – Gewohnt hochklassige, kompromißlos analoge Speakers Corner-Ausgabe. (1974/2016)