Rezension
Die konzertfreie Zeit nutzte der Norweger, um neues Repertoire zu erkunden. Dabei stieß er auf den außerhalb des tschechischen Kulturkreises praktisch unbekannten, selten eingespielten Zyklus „Poetische Stimmungsbilder“ Antonín Dvoráks, bestehend aus 13 wundervoll ausgearbeiteten Tondichtungen und Tänzen. Ein Werk, bei dem man sich schnell fragt, wie es in Vergessenheit geraten konnte und warum der Komponist (von der populären „Humoreske“ und der ursprünglichen Fassung der „Slawischen Tänze“ für Klavier zu vier Händen abgesehen) eigentlich nur für seine Symphonik und Kammermusik bekannt ist. Die „Stimmungsbilder“ zeigen Dvorák auch auf dem Klavier als einen Meister der Farbgebung und musikalischen Erzählkunst, und man ist durchaus geneigt, dem Pianisten Recht zu geben, der den Zyklus als den pianistischen Hauptwerken des 19. Jahrhunderts etwa Schumanns gleichwertig betrachtet. Andsnes Interpretation ist entsprechend engagiert und liebevoll; man spürt seine Begeisterung und sein Anliegen. Unbedingt eine Entdeckung, und angesichts dieses Albums ist es nicht unwahrscheinlich, daß man zumindest einzelnen dieser Bilder in Zukunft gelegentlich im Konzertsaal begegnen wird… (2022)