Rezension
Als David Berman 2009 verkündete, seine Silver Jews aufzulösen und sich für immer aus dem Musikbetrieb zurückzuziehen, war man entsetzt. Songwriter dieser Liga sind dünn gesät, und Berman zählte zu besten. Sollte er, kaum über 40, wirklich sein großes Talent verleugnen? Knapp zehn Jahre hat er es durchgehalten. In den Psych-Folkrockern Woods fand er eine Band, die seine direkte, schnörkellose Sprache perfekt zu unterstützen vermag. Unter eigenem Namen mag er immer noch nicht auftreten; Purple Mountains hat er die aktuelle Formation genannt, ein Name, der die Aura hat von Ewigkeit, Naturschönheit und ein wenig Mystizismus. Er ist so gut wie jeder andere, denn Bermans Songs sprechen wie stets für sich, kommen ungeschönt auf den Punkt. „That’s Just The Way I Feel“, „All My Happiness Is Gone“, „Darkness And Cold“ heißen die ersten drei Songs; ein fröhlicher Mensch ist Berman in den letzten zehn Jahren offenbar nicht geworden. Aber Berman lamentiert nicht, er konstatiert. Und er kann dem depressivsten Text eine ganz erstaunliche Dynamik verleihen, ohne von seinem charakteristisch lakonischen Vortrag abzuweichen. Aber in der Vereinigung von Gegensätzen liegt ja das Genie. (2019)
P.S. Wenige Tage nach dem Verfassen dieser Rezension, am 8. August 2019, erreichte mich die Nachricht des Todes des Songwriters. Ich möchte den Text nicht verändern. Doch die Freude über seine Rückkehr ist Trauer über einen Menschen gewichen, dessen Talent von seinem Leid an sich selbst schließlich doch zerstört wurde. – J.O.