Rezension
Zwar schrieb der damals 32jährige Komponist dieses Schlüsselwerk der Kammermusik des 20. Jahrhunderts als Kriegsgefangener (im Stalag VIII-A bei Görlitz), doch geht es bei diesem „Quartett auf das Ende der Zeit“ nicht um Gewalterfahrung und Apokalypse, sondern, so Messiaen selbst, um „den Wunsch nach Aufhebung der Zeit“. Das musikalische Mittel dazu ist eine Aufhebung von Takt und Metrum, eine Abkehr von geradliniger Rhythmik und Symmetrie. Der Hörer verliert dabei sozusagen den Boden unter den Füßen, fällt in die mit Worten nicht annähernd zu erfassenden lyrischen Tiefen dieser Musik. Deren Besetzung ist den während der Entstehung zur Verfügung stehenden Instrumenten / Musikern geschuldet; im Übrigen ist das achtsätzige Werk nicht durchgehend für Quartett geschrieben: Es gibt Trio-, Duo- und sogar Solo-Sätze (sagenhaft etwa der dritte, „Abîme des oiseaux“ für die Klarinette). Das auch in dieser Wiederauflage reproduzierte Beilagenblatt enthält einen etwas ausführlicheren Kommentar von Josef Häusler; allerdings liefert dieses Hauptwerk durchaus genug Stoff für ganze Dissertationen… – Die hier vorliegende Einspielung aus dem Jahre 1979 zählt zu den größten Schätzen im Katalog der Deutschen Grammophon Gesellschaft. Sie entstand im Beisein des Komponisten und wurde von ihm autorisiert. 2009 gab es bereits eine audiophile Ausgabe von Speakers Corner; die Meßlatte für die von Rainer Maillard kuratierte Neuedition hängt also hoch… (1979/2025)