Rezension
Die Platten des West Coast-Pop-Erneuerers (der übrigens auf der gegenüberliegenden Seite des Kontinents aufwuchs) lassen den Plattenhändler und Rezensenten seinen Beruf verfluchen: Man möchte in diesen Platten wohnen, sie immer wieder und wieder hören. Ein Luxus, den man sich in dem Job nicht leisten kann. Jonathan Wilsons drittes Album – fünf Jahre mußte man warten seit dem seligmachenden „Fanfare“, in denen der Mann sich u.a. damit beschäftigte, Platten von Father John Misty, Conor Oberst, Karin Elson und Dawes zu produzieren und auf solchen von Roy Harper und Roger Waters mitzuspielen –, sein drittes Album also möchte man ebensowenig wieder loslassen wie die beiden Vorgänger. Wobei sich einiges getan hat: Waren jene vor allem von der Hoch-Zeit des Laurel Canyon beeinflußt, so ging Wilson diesmal einige Schritte auf dem Zeitstrahl der Popgeschichte nach vorne und landete vor allem bei Fleetwood Mac. Aber natürlich nicht nur. Da ist Glamrock, der an T. Rex und den Ziggy Stardust-Bowie anknüpft, da sind Verweise auf ABBA und ELO, auf die späteren Eagles, auch die Mittsiebziger Pink Floyd schimmern immer wieder durch. Auf „49 Hair Flips“ verläßt WIlson auch die 70er: Man kann da Talk Talk und anderen sophistischen 80er-Pop entdecken, aber der Song hätte genauso auch auf dem 1998er Mercury Rev-Meisterwerk „Deserter’s Songs“ seinen Platz gefunden. Sie sehen: Es ist unmöglich, sich hier nicht in Details zu verlieren, jeder einzelne Song lädt dazu ein. Also Schluß damit. Dies ist eins der Pflichtalben des Jahrgangs 2018. Erwartungsgemäß, eigentlich…! (2018)