Rezension
Das Projekt sei noch einmal kurz erläutert: Gabriel covert 12 Songs sehr unterschiedlicher Herkunft, nämlich von David Bowie, Paul Simon, Elbow, Bon Iver, den Talking Heads, Lou Reed, Arcade Fire, Magnetic Fields, Randy Newman, Regina Spektor, Neil Young und Radiohead, und auf dem Antwort-Album „I’ll Scratch Yours“ sollten diese dann Gabriel-Songs interpretieren. Doch auch ohne diese Konzept-Idee ist das 2010 erschienene „Scratch My Back“ ein sagenhaftes Album – eine Anti-Rock-Platte, könnte man sagen, kommen doch weder Gitarren noch Schlagzeuge vor. John Metcalfe schrieb kunstvolle, kitschfreie Klavier- und Orchesterarrangements, die den Charakter der Songs grundlegend verändern. Manchmal einfach nur anders, manchmal eindeutig besser: Simons „Boy In The Bubble“ ist zwar auch im Original kein schlechter Song, aber die Gabriel-Fassung hat wesentlich mehr Kraft. Nicht der einzige Titel, den man hier in einem ganz anderen Licht erlebt… – Drei Jahre dauerte es dann, bis das Schwester-Album endlich fertig war; und Gabriel mußte dabei den einen oder anderen Kompromiß eingehen: Mit Radiohead, David Bowie und Neil Young sagten gleich drei der interessantesten Partner ab, die Ersatzleute Joseph Arthur, Feist und Brian Eno machen ihre Sache zwar auch gut, doch vermißt man die Abtrünnigen natürlich trotzdem. Die beiden eindeutigen Höhepunkte: Randy Newman, der „Big Time“ mit einem Enthusiasmus interpretiert, als hätte er es gerne selbst geschrieben – und Lou Reed selig, der „Solisbury Hill“ zersägt wie einst Jimi Hendrix das „Star Sprangled Banner“. Leider wird es die Fortsetzung nur gemeinsam mit dem ursprünglichen Album auf Vinyl geben; wer jenes schon hat, wird darüber wenig erfreut sein… (2013)