Rezension
Fanny Mendelssohns einziges Streichquartett zeigt wie kaum ein anderes ihrer überlieferten Werke (größtenteils Klaviermusik oder Lieder) die kompositorische Meisterschaft von Felix‘ drei Jahre älterer Schwester, ihren dem Bruder absolut ebenbürtigen (und kaum weniger leicht klingenden) Umgang mit Stimmführung und Kontrapunktik. Der großen Form hat sie sich nie gewidmet; eine Symphonie eines „Frauenzimmers“ wäre im frühen bis mittleren 19. Jahrhundert auch kaum aufgeführt worden. Was der Welt damit entging, kann man im Es-Dur-Quartett erahnen. Das 1975 gegründete Takács-Quartett, seit Jahrzehnten eines der besten Streichquartette der Welt, stellte ihm das Werk zur Seite (auf der CD-Version ist auch das A-Moll-Quartett Op. 13 angehängt), mit dem Felix Mendelssohn den plötzlichen Tod seiner geliebten Schwester mit gerade 41 Jahren betrauerte: Jenes F-Moll-Quartett, das gleichzeitig die letzte vor Felix‘ eigenem Tod (kaum ein halbes Jahr später) fertiggestellte Komposition gewesen war; das vermutlich emotional dichteste und tiefste Werk aus seiner Hand. Es wirkt hier – direkt auf die wunderbare Schönheit von Fannys Quartett folgend – erschütternder denn je. Eine der großen kammermusikalischen Sternstunden im jüngeren Hyperion-Katalog. (2021/2025)