Das Berliner Beispiel macht Schule: Mit dem Amsterdamer Concertgebouw Orkest hat ein weiterer Klangkörper der Weltspitze sein eigenes Label gegründet, um Tonträgerprodukte jenseites des Massenmarktes zu produzieren, die dem Rang des Orchesters angemessen sind. Dieses Album (auch als SACD erhältlich) markiert dabei auch den Einstand des neuen Chefdirigenten des Orchesters, Daniele Gatti. Das Debüt ausgerechnet mit der „Symphonie Fantastique“ zu begehen, ist dabei eine durchaus bemerkenswerte Entscheidung – schließlich zählt die Concertgebouw-Aufnahme unter Colin Davis aus dem Jahre 1974 immer noch zu den Referenz-„Fantastiques“. Doch Gattis Idee des Werkes ist eine gänzlich andere: Wo der Brite Berlioz‘ delirierenden Dichter unsentimental in sein Verderben rennen ließ, gestaltet der opernerfahrene Italiener die Partitur als hochemotionales Drama; insbesondere der freie Umgang mit Tempi läßt gelegentlich an Gattis „Ahnen“ an dieser Position, den genialen Willem Mengelberg, denken, der das Concertgebouw ein halbes Jahrhundert (von 1895 bis 1945!) geleitet hatte. Der „straffen“ Herangehensweise der meisten modernen Dirigenten (oft in Verbindung mit historischer Aufführungspraxis) ist das diametral entgegengesetzt. Das Orchester folgt Gattis eigenwilliger Interpretation selbstredend mühelos; die Solisten (etwa das Oboensolo in der „Scène aux champs“) sind fabelhaft. Und die klangliche Qualität der Aufnahme ist überragend! Man hofft auf eine lange Zusammenarbeit von Orchester und Dirigent – und auf weitere Vinylproduktionen von solcher Klasse! (2016)