Rezension
Acht Jahre nach der „Ersten“ – in der er freilich auch schon seine eigene Tonsprache gefunden hatte – etablierte Mahler sich als einer der bedeutendsten Symphoniker (nicht nur) seiner Zeit; weit mehr als nur ein weiterer komponierender Kapellmeister. Bemerkt wurde das natürlich nur von einem kleinen Kreis Eingeweihter: Bis Mahler im klassischen ‘Mainstream’ wirklich ankam, sollten noch fast 70 Jahre vergehen! Das verwundert nicht angesichts eines Werkes, das fast mehr eine Totenmesse ist denn eine Symphonie im strengen klassischen Sinne. Der Gesang setzt zwar erst im vierten der fünf Sätze ein, doch ist das Programm von Beginn an eindeutig: „Wir stehen am Sarge eines geliebten Menschen“. Das ist sicherlich keine bekömmliche Kost, und es ist auch nicht ‘erhebend’ wie die ja ebenfalls in bezug aufs Format genregrenzensprengende Symphonik Anton Bruckners (der heute noch ungerechtfertigterweise immer wieder in einem Atemzug mit Mahler genannt wird: da liegen Welten dazwischen!). Mahlers Musik dient nicht der Erbauung des Publikums, doch an emotionaler Wirkung ist sie kaum zu überbieten. Der von Audite herausgegebene Zyklus mit Liveaufnahmen aus den Archiven des bayerischen Rundfunks unter Leitung von Rafael Kubelik setzt diesbezüglich neue Maßstäbe (zumindest die HiFi-Ära betreffend). Das gilt uneingeschränkt auch für diese Aufnahme der „Zweiten“ vom 8. Oktober 1982 – klanglich wie üblich in einer Liga mit dem Besten der analogen Welt! (2006)