Rezension
Der tief beeindruckte Arnold Schönberg (27 Jahre bei der Uraufführung im Jahre 1902) attestierte Mahler, er habe „rücksichtsloseste Wahrheit“ komponiert. In der Tat lotete der Komponist in dieser seiner längsten Symphonie die menschliche Seele vermutlich tiefer aus als irgendjemand vor ihm, und psychisch instabilen Menschen ist von der Rezeption noch heute dringend abzuraten. Euphorie, grauenvolle Abgründe und religiöse Erlösung – Mahler wirft den Hörer in ein Meer aus Extrem-Emotionen, das sich auch in den dynamischen Anweisungen in der Partitur widerspiegelt: „Mit furchtbarer Gewalt“ etwa gegen Ende des ersten Satzes. Zubin Mehtas Decca-Aufnahme von 1978 zählt aus mehreren Gründen zu den bemerkenswertesten Einspielungen des Werkes: Die entschiedene, jede Sentimentalität vermeidende orchestrale Gestaltung, die reife Altstimme der Kanadierin Maureen Forrester (48 zum Zeitpunkt der Aufnahme) – und nicht zuletzt eine immer wieder erschütternde Klangqualität; nicht umsonst zu den besten Decca-Arbeiten der späten Analog-Ära zählend! (1978/2014, Pressung aktuell)