Rezension
Unter all den großen Interpretationen der „Pastorale“, (das Spektrum reicht von Furtwängler über Erich Kleiber bis René Leibowitz oder, in jüngerer Zeit, etwa Harnoncourt oder Gardiner) behält diejenige des oft unterschätzten Karl Böhm doch ihre Gültigkeit. Vor allem die äußerst lyrischen ersten beiden Sätze spiegeln hier die ländliche Idylle wider, die Beethoven in Heiligenstadt gefunden hatte und die ihn zu dieser Symphonie inspirierte: Der Kopfsatz ist bekanntlich überschrieben mit den Worten „Erwachen heiterer Gefühle bei der Ankunft auf dem Lande“, und diese losgelöste, entspannte Heiterkeit wird in den wenigsten Einspielungen so selbstverständlich in Töne gesetzt wie hier. Der dramatische Höhepunkt des Werkes, die Gewitter-Szene im vierten Satz, klingt sicher anderswo dramatischer (nicht allerdings, daß hier Langeweile aufkäme!); Böhm war nie ein Dirigent für’s Effektvolle und ist sozusagen das personifizierte Gegenteil eines Leopold Stokowski. Das hat ihm den nicht verdienten Ruf der Biederkeit eingebracht – richtiger ist es, ihn einfach als sehr seriösen und empfindsamen Musiker zu bezeichnen, dessen Stärken sich jedem offenbaren, der sich nicht durch gelegentliches Getöse von der Musik an sich ablenken läßt… – Clearaudio-Reissue. (1971/2005)