Rezension
Nicht nur aus klanglichen Gründen ist diese Einspielung bedeutend, auch wenn ein Direktschnitt von einem Elite-Orchester natürlich stets etwas sehr Besonderes ist! Heute muß man vielleicht erst einmal an die Ursprünge dieses Orchesters erinnern: Nach Kriegsende waren viele Musiker aus Böhmen und Mähren im grenznahen Bamberg gestrandet und versuchten, sich irgendwie über Wasser zu halten; 1946 gilt als das offizielle Gründungsjahr des Klangkörpers, dessen erster Chefdirigent Joseph Keilberth war: Der gebürtige Karlsruher hatte seit 1940 die Deutsche Philharmonie Prag geleitet und traf hier viele von deren Mitgliedern wieder. Die tschechische Klangkultur steckt also tief in der DNA des Orchesters – und seit 2016 steht ihm (erstmals) mit Jakub Hrusa ein gebürtiger Tscheche vor. Für das ambitionierte Direktschnitt-Projekt war also kaum ein Werk geeigneter als Dvoráks „Neunte“. Und ja: Hrusas Interpretation, seine Wahl der Tempi, auch die Dynamik sind originär und auf höchstem Niveau – unbedingt also eine Neuaufnahme, die trotz der schier unendlichen Konkurrenz nicht nur Berechtigung hat, sondern in die engere Wahl gehört. Die Spannung ist schon zu Beginn außerordentlich hoch, und das Orchester zeigt sich immer wieder als zur Weltspitze gehörig, in den Tutti wie in solistischen Passagen (ein echter Gänsehautmoment etwa ist das Englischhorn-Solo im „Largo“!). Als Zugabe gibt es (wie oft in den Konzerten der Bamberger, wenn die „Neue Welt“ zur Aufführung kommt) den Walzer Op. 54 Nr.1. In klanglicher Hinsicht (um den Kreis zu schließen) ist die Veröffentlichung nicht nur über jeden Zweifel erhaben, sondern darf wohl zur absoluten Spitze an Orchesteraufnahmen auf Schallplatte gerechnet werden. Was auch kein so großes Wunder ist angesichts der Begleitumstände: Direktschnitt, 45 UPM, Rainer Maillard (Emil Berliner Studios) als Produzent und eine exzellente Saalakustik. Die Auflage beträgt exakt 1893 (das Jahr der Uraufführung!) Exemplare! (2023)