Rezension
Dieses Album hat für das ECM-Label eine ähnlich große Bedeutung wie Keith Jarretts „Köln Concert“. Es markiert den Beginn einer neuen Linie mit klassischer (überwiegend zeitgenössischer) Musik – und es war aus dem Stand ein gewaltiger Erfolg, der den Namen des estnischen Komponisten in der westlichen Welt quasi über Nacht bekannt machte. „Fratres“, 1977 entstanden, wird hier sowohl in der Originalversion für Violine und Klavier (gespielt vom Widmungsträger Gidon Kremer und Keith Jarrett!) vorgestellt als auch in der faszinierenden Bearbeitung für zwölf Celli. Hauptwerk des Albums ist jedoch das „Tabula Rasa“ benannte, im selben Jahr fertiggestellte Konzert für zwei Violinen (Kremer und Tatjana Grindenko), ‚prepared piano‘ (gespielt vom Komponistenkollegen Alfred Schnittke!) und Kammerorchester: Eine dieser für Pärt typischen, unbegreiflichen Kompositionen, in denen die Kraft buchstäblich aus dem Nichts, der Stille nämlich, zu kommen scheint. Zutiefst spirituelle Musik, die ausgerechnet in den grellen 80ern einen Nerv traf – das Album wurde vielfach von Menschen gekauft, die sonst kaum oder gar keine klassische Musik hörten. Pärts Musik wirkte damals wie aus einer anderen Welt…Die Jubiläumsedition ist eine Faksimile-Ausgabe der Originalpressung. (1984/2024)