Rezension

Wer Sanders‘ intensives, ja extremes Spiel in Coltranes Band erlebt hatte, wird sehr erstaunt gewesen sein ob seines Impulse!-Debüts, seinem erst zweiten Album unter eigenem Namen. Sanders gibt der Musik sehr viel Zeit, sich zu entwickeln. Die ersten neun Minuten von „Upper Egypt & Lower Egypt“ sind ein reines Klangfarbenbad aus Percussion, Bass und Flöte (Sanders), bevor überhaupt ein Groove einsetzt, der auch zunächst für sich selbst zu existieren scheint – Sanders Saxophon wird erst von der Leine gelassen, wenn der Hörer restlos hypnotisiert ist. Das kurze, die erste Seite beschließende „Japan“ erfüllt auch kaum die Hörer-Erwartungen: Eine Art fernöstlicher Country Blues, für die Dynamik des Albums allerdings essentiell. Die dreisätzige Suite „Aum – Venus – Capricorn Rising“ ist dann die radikale Dekonstruktion des Jazz, mit anschließender Auferstehung aus der Asche. Man spürt in jeder Note, daß es hier um Alles geht, daß hier einer seine ganze Seele in sein Instrument legt. Eines der Schlüsselwerke des Spiritual Jazz, heute kaum weniger erschütternd als vor 55 (!) Jahren. (1967/2022)