Rokia Traoré

Tchamantché

Label/AN:  Verve, 3591719
Format:  2 LP 180g

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Rezension

Weltmusik-Puristen geraten sich gern in die Haare, wenn es um die Diplomaten-Tochter aus Mali und ihre außergewöhnliche Musik geht: Sie sei ja gar keine richtige Afrikanerin! Nun stimmt es zwar, daß Rokia Traoré bedingt durch den Beruf ihres Vaters ihre Jugend vor allem im Ausland zugebracht hat und da mit allen möglichen Arten von Musik in Berührung kam (die sie allesamt aufsog), aber ihre eigene Klangkultur nahm sie natürlich überallhin mit. Es ist auch richtig, daß nicht alle ihre Platten in ihrer Heimat gehört werden – dennoch spricht ja überhaupt nichts dagegen, uns bornierten Europäern diese unglaubliche Musik in Verbindung mit unserer eigenen (und der des amerikanischen Jazz) nahezubringen. Zumal, wenn dabei solche Wunderwerke entstehen. Ferner stört sich mancher an ihrer Stimme, die für “klassische” afrikanische Musik zu zart, zu intim klinge; doch ist es gerade dieses Nichterfüllen musikalischer Klischee-Vorstellungen, die ihre Alben so spannend machen. Zumal sich jede jeweils stark vom Vorgänger unterscheidet; Traoré hält sich nie lange am selben Ort auf (vielleicht auch eine Konsequenz ihrer Biographie). In der Zeit vor “Tchamantché” hatte sie sich intensiv sowohl mit Billie Holiday als auch mit Mozart beschäftigt; beider Einflüsse auf das aktuelle Werk sind zwar begrenzt, doch das Fehlen von Berührungsängsten ist symptomatisch. Schon die Basis der Instrumentierung (Gretsch-Gitarre und das afrikanische Ur-Banjo N’goni) zeigt ihren Willen zur Verschmelzung, der nichts mit Verwässerung zu tun hat. Man muß sich da nur einmal anhören, was aus dem Jazz-Standard “The Man I Love” (in der Tat ein Holiday-Klassiker) in ihren Händen wird (es ist freilich der einzige Jazz-Standard hier, die anderen Songs stammen von ihr und sind in ihrer Muttersprache gesungen). “Tchamantché” ist, abermals, in höchstem Maße kreative Welt-Musik, im besten Sinne universal. – Die musikalische Seite dieses Werkes gibt genug Anlaß für Jubelarien, doch die klangliche steht ihr in nichts nach: Ganz “nebenbei” ist dieses Album auch ein audiophiles Schätzchen, dem man gerne öfter auf Vorführungen begegnen würde…! Die Originalpressung aus dem Jahre 2008 ist dementsprechend gesucht… (2008/2021)