Rezension

Den Albumtitel hat die 84jährige Jazzlegende nicht zufällig gewählt. Er steht für Vieles: Nicht nur die Balance, die Ibrahim im Leben gefunden hat; auch für diejenige seiner beiden wichtigsten musikalischen Quellen, dem amerikanischen Jazz und der südafrikanischen Musiktradition, die er als Kind in Kapstadt aufgesogen hatte; auch – konkret auf das Albumprogramm bezogen – auf das Nebeneinander alter und neuer Stücke. Wobei Ibrahim in einem aktuellen Interview einen Rat preisgab, den ihm einst sein Vorbild Duke Ellington erteilte: Die alten Songs so zu spielen, als wären sie neu, die neuen aber so, als wären sie vollkommen vertraut. Dann sind da natürlich die naheliegenden Lesarten: Die Balance zwischen ruhigen und aufrüttelnden Nummern, zwischen den einzelnen Instrumenten bzw. Musikern seines großartigen Septetts. Perfekt ist sie hier immer – und doch steckt das Album voller Überraschungen; wenn etwa Altsaxophonist Cleave Guyton auf eine übermütige Piccoloflöte umsteigt („Skippy“), wenn Cello oder Harmonika ungewohnte Klangfarben beisteuern oder einer dieser formidablen Musiker in seinem Solo mal wieder alles auf den Punkt zu bringen scheint. Ein Meisterwerk in des Wortes wahrer Bedeutung; dieselbe Gelassenheit, (freundliche) Autorität und menschliche Wärme ausstrahlend wie Ibrahims Porträt auf dem Cover! – „Japanese Edition“ mit Obi. (2019)