Wer den Mann noch nicht kennt: Der Name hat weder mit Los Angeles zu tun noch mit Wurst, er heißt einfach so: Lookman Adekunle Salami. Und er ist eine der interessantesten jungen Songwriter-Persönlichkeiten Englands. Die frühe Faszination eines afrobritischen Jugendlichen für das Schaffen Bob Dylans ist dabei ebenso ungewöhnlich wie die Tatsache, daß der bei einer Pflegefamilie mit ständig wechselndem Wohnsitz Aufgewachsene erst mit 21 seine erste Gitarre bekam – und dann nach drei Monaten seine ersten Songs fertig hatte und begann, öffentlich aufzutreten. Seine große Chance bekam er, als Lianne La Havas ihn 2012 mit auf Tour nahm, nach zwei EPs erschien 2014 ein beachtliches Debüt, zwei Jahre später der weithin gefeierte Nachfolger „City Of Bookmakers“, auf dem Salamis früher Einfluß gut spürbar war und das ihn als scharfsichtigen Storyteller zeigte. Auf diesen nächsten Schritt, den sein drittes Album bedeutet, bereitet nichts davon vor. Salami verläßt die gängigen Songstrukturen, arbeitet mit Klangflächen, erschafft Atmosphären mehr denn Melodien; mit dem Titelsong wird das Album durch ein knapp elfminütiges, collagenartiges Ungetüm eröffnet. Captain Beefheart führt Salami ebenso als Einfluß an wie The Velvet Underground und den Wu-Tang Clan; Nietzsche wird zitiert und Kanye West zurechtgestutzt. Es ist ein chaotisches Album, aber wir leben in chaotischen Zeiten, und außerdem wirkt Salamis Stimme wie ein Leuchtturm, ein steter Orientierungs- und Angelpunkt im Sturm. Die Geister werden sich scheiden an diesem Album, Fans des folkig-melodischen Vorgängers sich mit Unverständnis abwenden, und vielleicht hat Salami damit seine junge Karriere in den Sand gesetzt. Vielleicht fängt sie damit aber auch erst wirklich an. (2020)