Rezension
Ein Grenzgänger war der 1920 geborene Yusef Lateef schon immer. Er war einer der ersten bedeutenden Jazz-Flötisten, brachte die Oboe in den Jazz und konnte auch hervorragend mit Saxophonen umgehen (was er hier alles mal wieder belegt), er brachte ethnische Einflüsse ein und spielte Weltmusik Jahrzehnte, bevor es den Terminus gab. Was sein Werk eint, gleich, ob in den frühen Hard Bop-Alben oder späteren, Fusion- oder Soul Jazz orientierten LPs, ist seine tiefe Spiritualität – die auch dieses 1976er Album weit über den durchschnittlichen Jazz-Funk der Ära hinaushebt. Mit großer Besetzung (u.a. Ron Carter, Al Foster, Dom Um Ramão und Kenneth Barron), die auch eine fünfköpfige Bläsersektion und einen ARP 2600-Synthesizer umfaßt, entwickelt Lateef hier Klangbilder, die im Genre eher ungewöhnlich sind: Der zugrundeliegende Groove geht eine Einheit mit Momenten der Kontemplation ein, die es eigentlich nicht geben dürfte, hier aber absolut logisch erscheint. Seltsam und wundervoll. (1976/2016, Pressung aktuell)