Rezension
Mit Mitte 70 verhandelt der Songwriter Burnett (im Unterschied zu seinem alter ego als Produzent) Habgier, Eitelkeit, Stolz. Da uns diese menschlichen Eigenschaften in den vergangenen vier Dekaden konsequent immer tiefer in den Dreck geritten haben, sind seine Worte schonungsloser denn je. Hinzugekommen ist seither ein technologischer Fortschritt, der dazu geführt hat, daß die meisten Menschen Fakt und Fiktion nicht mehr unterscheiden können, eine Art digitale Pandemie, die das Grundthema des "Invisible Light"-Zyklus ist. Ein Zyniker ist er dennoch nicht geworden; wäre er einer, müßte er diese Album-Trilogie nicht machen. Dies ist der zweite Teil, ein Album ist also noch von ihm zu erwarten; das Mammut-Werk soll nach eigener Aussage sein letztes sein, sein Vermächtnis. Jay Belleroses unheilvoll-tribalistische Trommeln und die finsteren Soundwolken von Multiinstrumentalist Keefus Cianca prägen auch den zweiten Teil, der nicht weniger intensiv klingt und wirkt als der Vorgänger "Acoustic Space" (2019). Zur Entspannung hört man das eher nicht. Doch wer sich darauf einläßt, wird sich der alttestamentarischen Wucht von Burnetts halb gesungenen, halb gesprochenen Botschaften kaum entziehen können. (2022)