Rezension
Die Americana von The Band, der Dylan der mittleren 70er, ein wenig Bluegrass, eine Spur Gospel, Indie-Rock-Ästhetik übersetzt auf ein Akustik-Trio aus Gitarre/Gesang, Schlagzeug und – Cello! Das Trio aus Denver, Colorado, das mit diesem Album vor zehn Jahren die internationale Roots Rock-Bühne betrat, war nicht nur ungewöhnlich besetzt, es hatte auch sehr eigene Vorstellungen davon, wie man mit dem musikalischen Erbe Amerikas umgehen kann. Das Ergebnis klang neu und ungewöhnlich, gleichzeitig aber uralt, als sei es immer schon da gewesen. Auch der Gründungsmythos ist bemerkenswert: Im Jahre 2002 starb der Bruder von Sänger Jeremiah Caleb Fraites und beste Freund von Drummer Wesley Schultz an einer Überdosis. Die beiden Trauernden versuchten, ihren gemeinsamen Schmerz mit Musik zu therapieren – und gründeten eine Band; zunächst nur ein Duo. Cellistin Neyla Pekarek fanden die beiden später durch ein Zeitungsinserat. Von den tragischen Umständen, die einst zur Gründung führten, hörte man zehn Jahre später nur noch bedingt etwas: Es ist gewiß keine Trauerkloßmusik auf diesem beeindruckenden Debüt, wohl aber stecken eine tiefe Ernsthaftigkeit und berührende Direktheit (in den Texten ebenso wie im Klangbild) in diesen Songs. Trotz Mumford und manch anderer sehr erfreulicher Neo-Folk-Band im selben Jahr war dies unterm Strich vielleicht der schwerwiegendste Genrebeitrag seines Jahrgangs… – Die Geburtstagsausgabe enthält sechs unveröffentlichte Songs, dazu neue Linernotes und Fotos. (2012/2022)