Rezension
Seine beste LP überhaupt sei dies, so Charles Mingus bei deren überfälliger Veröffentlichung anno 1962. Da war die Aufnahme schon fünf Jahre alt, und Mingus hatte in seiner Diskographie bereits Jazz-Meilensteine wie „Blues And Roots“, „Ah Um“ und „Oh Yeah“ vorzuweisen. Dennoch war die Selbsteinschätzung nicht unberechtigt, denn „Tijuana Moods“ zählt nicht nur auf jeden Fall zur Spitze, es ist überhaupt eine der originärsten LPs, die in jenen Jahren irgendjemand aufgenommen hätte. Und dies, obwohl die bei Jazz-Aufnahmen der Ära allgegenwärtigen großen Namen bei den Sidemen fast völlig fehlen. Drummer Danny Richmond ist die Ausnahme, Posaunist Jimmy Knepper ist auch noch bekannt, doch der Trompeter Clarence Shaw spielte praktisch nur bei Mingus und verschwand zu Beginn der 60er in der Obskurität (der Bassist integrierte in den selbstverfassten Klappentext gar einen Suchaufruf); Pianist Bill Triglia hinterließ auch nicht viel mehr Spuren in der Jazzgeschichte. Dennoch ist die Form aller Musiker während dieser beiden Sessions (vom 18.6. und 6.8.1957) unglaublich, man kann fast die Studioatmosphäre knistern hören. Und die spanisch-mexikanischen Einflüsse (inklusive Kastagnetten und gelegentlichem Flamenco-Gesang von Lonnie Elder) klingen definitiv anders als alles, was man sonst so unter Latin-Jazz zusammenfaßt… (1962/2014)