Rezension
Als EP oder Mini-Album kann man das kaum bezeichnen – zwar sind es nur sechs Songs, insgesamt aber immerhin knapp 38 Minuten Spielzeit. Es ist ein Cover-Album, jedes Bandmitglied wählte einen Song aus, und natürlich sind sowohl die Auswahl wie die Umsetzungen erstaunlich. Das fängt schon mit der einleitenden Version von Wilcos „Reservations“ an, in deren 13 Minuten der Song immer wieder fast zum Stillstand kommt und jeder neue Ton wie ein Statement wirkt. Anderes knüpft an frühere Kapitel der Bandgeschichte an; George Jones‘ „Where Grass Won’t Grow“ (ausgewählt vom wieder in die Band eingestiegenen Pedal Steel-Meister Paul Niehaus) etwa an das countryeske Frühwerk; Stevie Wonders „Golden Lady“ und „Love Is Here (And Now You’re Gone)“ (aufgenommen sowohl von den Supremes wie vom zwölfjährigen Michael Jackson!) knüpfen an die Soul-Phase um das „Nixon“-Album herum an (Kurt Wagner verzichtet allerdings auf den Falsett-Gesang). „Shirley“, eine Garagenrock-Rarität der Cleveland-Formation The Mirrors aus dem Jahre 1975, zeigt, daß Lambchop auch immer über ganz andere Facetten verfügen, als auf den letzten Alben zu hören waren. Am Schluß kommt Kurt Wagners eigener Wunschsong: Ein niemals aufgenommener Song des Freundes James McNew, Bassist bei Yo La Tengo. Eine wunderbare, hemmungslos romantische Elegie. So herzzerreißend hat man Wagner selten singen hören. Ein Nebenwerk? Ganz sicher nicht. (2020)