Rezension
Auch der 200. Geburtstag des Komponisten wurde seinerzeit unter anderem mit einer Aufsehen erregenden All Star-Einspielung des Tripelkonzertes gefeiert: Oistrach, Rostropowitsch und Richter unter dem Dirigat Karajans, seither ein Repertoireklassiker. Ein halbes Jahrhundert später wird wieder gefeiert – wieder mit einer Aufnahme des Tripelkonzertes, die allerdings vollkommen anders klingt. Es ist kein Geheimnis, daß das Werk eigentlich nicht zu den bedeutendsten Beethovens gehört. Wer ihm die vielzitierte „Strenge“ oder den Geist irgendeiner Revolution zu verleihen sucht, muß das Ziel verfehlen. Denn das Tripelkonzert ist sozusagen ein spätes Aufflammen der frühklassischen Form der Sinfonia concertante, vom Wesen her einfache, das Publikum bewußt nicht fordernde Musik, wie sie einst zur Erbauung an Fürstenhöfen dargeboten wurde. Barenboim (Initiator der Aufnahme) und seine Partner haben das begriffen – und bringen das so oft fehlgedeutete Werk von Anfang an zum Tanzen! Mit natürlicher Eleganz gleitet das Solistentrio durch die Partitur, hervorragend unterstützt von Barenboims jüdisch-arabischem Völkerverständigungs-Orchester. Daß dieses auch „Hauptwerken“ neue Aspekte abzugewinnen in der Lage ist, zeigt sich in der „Zugabe“ des Albums (eine amüsante Verkehrung der Gewichtung): Die „Siebte“ hat durchaus energetische Momente (dort, wo es tatsächlich der Dynamik bedarf), überrascht aber vor allem mit unerwartet intimen, ja berückenden Momenten. Barenboim wählt dabei flotte Tempi, doch die Performance wirkt niemals übereilt oder gehetzt – ganz im Gegenteil, das vielgehörte und gerne hochdramatisierte Werk wirkt selten organisch. Das ist gewiß diskutabel – aber unter dem unmittelbaren Höreindruck schon sehr überzeugend. In der Verbindung beider Werke ist dieses Album sicherlich ein großer Höhepunkt des Beethovenjahres 2020, und eine doppelte Bereicherung der Diskographie! (2020)