Rezension
Liebe, Tod, Ekstase, Erlösung: Der Tristan-Stoff bietet sich an für ein Konzeptalbum. Das übrigens mit Ausnahme von Zoltan Kocsis‘ Solo-Klavier-Bearbeitung des Vorspiels zur Oper ohne Wagner auskommt! Stattdessen: Eine Klavierfassung von Gustav Mahlers Fragment gebliebener 10. Symphonie und, als Hauptwerk, Hans Werner Henzes 1974 uraufgeführte sechssätzige „Tristan“-Suite für Klavier, Tonband und Orchester, seit der Ersteinspielung 1977 für Deutsche Grammophon unter Leitung des Komponisten nie wieder aufgenommen. Dabei handelt es sich um ein hochdramatisches Werk, das den Modernismus seines Schöpfers mit seiner Faszination für die Romantik (mit „wörtlichen“ Zitaten aus Brahms‘ erster Symphonie und Chopins B-Moll-Sonate) vereint und dessen abgründige Emotionalität nachgerade angsteinflößend ist. Wagners berühmtes Vorspiel (s.o.) wirkt danach wie ein entferntes Echo. Als Klammer verwendet Levit zwei Liszt-Kompositionen: „Harmonies du soir“ aus den „Études d’exécution transcendante“ als Ausklang und endgültige Erlösung, und, als Eröffnung, den tausendfach gespielten „Liebestraum“, der hier von den ersten Tönen an so packend gestaltet ist, daß der Hörer wie von einem Strudel in dieses im Wortsinne phantastische Album gezogen wird. (2022)