Rezension
„Time Fades Away“: Zu keinem Album in seinem Katalog hat Neil Young eine schwierigere Beziehung. Die Stimmung während jener 1973er Tour sei generell schlecht gewesen, hieß es, und das habe nicht nur mit der Trauer um seinen Freund Danny Whitten zu tun gehabt. Das besagte Live-Album repräsentiert seinen Kampf mit sich selbst, mit seiner Weiterexistenz als Musiker, mit seiner Band, nicht zuletzt mit dem Publikum, dem er konsequent neue Songs an den Kopf warf, die keiner der Anwesenden kannte. Es zählt aufgrund dieser Spannung und der fühlbaren Aggressionen zu den großen Live-Monumenten des Rock’n’Roll. Mit „Tuscaloosa“ hat Young nun ein komplettes Konzert jener Tour veröffentlicht, das sie in einem versöhnlicheren Licht erscheinen läßt. Es fand im Februar des Jahres in der Universitätsstadt Tuscaloosa in Alabama statt, und man hat durchaus nicht den Eindruck, daß Young mit seiner übrigens ziemlich großartigen Band nicht zurechtkam. Auch zeigt sich, daß die Setlists doch nicht gar so radikal den Publikumserwartungen entgegenlief, immerhin finden sich ganze fünf Songs vom Erfolgsalbum „Harvest“. Was man aber auch hier durchaus fühlt, ist eine Art Schatten: Die Grundstimmung ist zwar sehr viel wärmer, doch die Spannungen sind nicht gänzlich abwesend, sie wirken nur sehr viel subtiler. Für Young dürfte die Veröffentlichung dieser (übrigens ganz hervorragend klingenden) Show bedeuten, Frieden mit jenem für ihn äußerst schwierigen Jahr geschlossen zu haben, nach fast einem halben Jahrhundert. Das Album dazu darf man getrost zu den besten und intensivsten Live-Dokumenten seiner Diskographie zählen, bei inzwischen ja doch einiger Konkurrenz! (2019)