Das letzte Album der deutsch-afghanischen Sängerin liegt bereits sechs Jahre zurück; dazwischen war sie allerdings auf dem preisgekrönten ECM-Album des norwegischen Pianisten Tord Gustavsen „What Was Said“ in einer tragenden Rolle zu hören. Nun hat sie ihre Band neu besetzt, mit dem Schweizer Schlagzeuger Samuel Rohrer, dem schwedischen Bassisten Björn Meyer (der sein Instrument gerne auch in den höchsten Lagen spielt und den Bass mal wie eine Gitarre, mal fast wie eine Harfe klingen lassen kann), vor allem aber mit dem Tunesier Jasser Jaj Youssef, der keineswegs ein nordafrikanisches Traditionsinstrument spielt, sondern eine barocke Viola d’amore, deren warmer, voller Klang perfekt mit Tanders Stimme verschmilzt, die sich mehr denn je anfühlt wie nachtblauer Samt. Einzigartig bleibt Tanders Art, östliche und westliche Musiktraditionen miteinander zu verschmelzen (konsequenterweise singt sie sowohl auf Englisch wie auf Paschto, der Sprache ihres Vaters): Orientalische Vierteltonalität, Songwriter-Folk und Jazz bilden eine nahtlose Einheit, sind in ihrer Musik nicht voneinander zu isolieren. Und die Stimmung in ihren Liedern läßt an kaum bevölkerte Landschaften denken, mal an weite Ebenen, mal an Täler inmitten zerklüfteter Felsen, durch die leise der Wind bläst. Ein außergewöhnliches Album von kaum überschätzbarer Sogwirkung. Und ganz hervorragend aufgenommen! (2020)