Es dauert eine Weile, bis man sich gewöhnt hat an diese opulenten Streicher; man bringt sie zunächst nicht zusammen mit dieser Stimme. „Western Stars“ ist ein Album, wie es in Springsteens Diskographie bislang keines gibt, auch zu seinen Pop-affinsten Zeiten nicht. Es ist der schwelgerische Country eines Glen Campbell, vor dem der Boss hier den Cowboyhut zieht, die Songs von alten Meistern wie Jimmy Webb oder Leiber/Stoller. Und wenn man sich mal darauf eingelassen hat, ist Springsteens Verbeugung vor der Nashville-Ära der späten 60er ausgesprochen von formvollendeter Eleganz, dabei charmant und sogar amüsant, denn man hört diesen Story-Songs natürlich doch die Autorenschaft an, und dieses Nebeneinander zweier eigentlich völlig unterschiedlicher Songwriterkulturen läßt einen doch gelegentlich grinsen. Nicht aus Häme, sondern weil es wirklich Spaß macht, Bruce Springsteen in dieser Rolle zu erleben. (2019)