Rezension
Man fragte sich schon länger, wie ausgerechnet Eddie Vedder angesichts der aktuellen Entwicklungen so lange schweigen konnte. Nun ist er zurück, und er macht seiner Wut Luft, Wut über die Blindheit, in der die Menschheit ihren eigenen Untergang forciert (das Cover-Artwork zeigt einen schmelzenden Gletscher, der Titel bezieht sich auf die Menge des geschmolzenen Eises an den Polkappen), Wut über den amerikanischen Präsidenten, den er als „Sitting Bullshit“ bezeichnet. Kanalisiert wird diese Wut in den stärksten Pearl Jam-Songs seit langer Zeit, trocken und direkt produziert von Josh Evans, dabei den Bandsound behutsam nach verschiedenen Seiten öffnend. In der zweiten Hälfte des Albums ist der Ton dann versöhnlicher – Vedder wäre nicht Vedder, wenn er sein Publikum ohne Hoffnung in die kalte Nacht entließe. Nach einem berührenden Nachruf auf den verstorbenen Freund Chris Cornell und dem nachdenklichen „Retrograde“ klingt das Album mit „River Cross“ aus, einer der stärksten Vedder-Balladen überhaupt und sein „We Shall Overcome“. (2020)