Rezension
Dieses musikalische Experiment des Vibraphonisten stammt aus dem Jahre 2000, wurde aber nie veröffentlicht. Es handelt sich dabei um einen Zyklus von zehn Eigenkompositionen, instrumentiert für Jazz-Trio (bestehend aus Dell, Bassist Christian Ramond und Drummer Klaus Kugel) und ein klassisches Bläser-Kammerensemble aus Flöte (Camilla Hoitenga), Oboe (Anja Schmiel), zwei Klarinetten (Theo Jörgensmann, Bernhard Kösling) und Horn (Christine Chapman). Die Musik spielt an der Schnittstelle zwischen experimentellem Jazz und zeitgenössischer Kammermusik und ist kaum kategorisierbar – dafür aber hochspannend, innovativ und von sagenhaftem Klangfarbenreichtum. Die Avantgarde zeigt sich hier sozusagen von ihrer sanften Seite: Wilde Freejazz-Exkurse sind nicht das Ziel; das Oktett agiert äußerst sensibel; es geht – auch wenn es exzellente solistische Beiträge etwa von Jörgensmann und Hoitenga gibt – vor allem um den Ensembleklang und die Möglichkeiten dieser so ungewöhnlichen Besetzung. Ein sehr besonderes Hörerlebnis, zusätzlich aufgewertet durch das exzellente Mastering von Tonmeister Arne Schumann! Das Album erscheint auf Dells Eigenlabel Edition Niehler Werft; die 300 (!) Exemplare der Vinylversion wurden (auf dem Beiblatt, welches zudem eine unbedingt lesenswerte ausführliche Einführung in den Werkzyklus enthält) vom Musiker selbst eigenhändig numeriert. (2021)