Rezension
Man hört dieser Einspielung an, wie sehr der Belgier André Cluytens in fast 20 Jahren mit diesem Orchester zusammengewachsen war. Cluytens lange Diskographie hat zwar einen deutlichen Schwerpunkt auf dem französischen Repertoire, doch hatte sich der Dirigent auch intensiv mit der deutschen Spätromantik befaßt – insbesondere mit Strauss und Wagner (er dirigierte 1955 sogar in Bayreuth). Und man meint hier in Bizets vermeintlich kaum verwandter Klangästhetik immer wieder Wagnersche Züge zu finden – weniger das Monumentale, sondern eher die schwebenden Klänge aus dem „Siegfried-Idyll“, dem „Waldweben“ oder den „Parsifal“-Zwischenspielen. Geradezu phantastisch dabei sind die Solisten des Orchesters, von Cluytens so effektvoll wie werkdienlich in Szene gesetzt – angefangen mit dem ungewöhnlichen Saxophonsolo in Prélude der ersten Suite. Es sind wohl nicht zuletzt diese wundervollen Momente der Detailverliebtheit, die den legendären Ruf dieser LP auch in Sachen Klang begründen – der den Preis für frühe Originalpressungen längst in astronomische Bereiche getrieben hat… (1964/2019)