Rezension

Das dritte Solo-Piano-Album des Hamburger Komponisten und stets in viele Projekte verstrickten Musikers setzt den intimen Tonfall der beiden Vorgänger „My First Piano“ und „Onomatopoetika“ fort, wobei der Titel gezielt in die Irre führt – denn anstelle von Aphorismen, knappen Miniaturen mithin, präsentiert Kowalski hier sein bislang längstes Werk, über 35 Minuten ohne Unterbrechung (für die Analogversion mußte freilich in der Mitte ein Schnitt vorgenommen werden). Kowalskis Liebe zur Musik bestimmter Komponisten (Schumann, Brahms, Debussy, Satie) ist natürlich abermals allgegenwärtig, wobei er – ein Vorteil der langen Form – hier mehr denn je seine eigene Tonsprache daraus entwickelt. Klavier-Kollege Igor Levit führte für das Album das berühmte Busoni-Zitat „Musik ist tönende Luft“ an, es paßt zur Charakterisierung von Kowalskis Musik tatsächlich ganz besonders gut. Das Werk ist mit seinem bewußten Verzicht auf Unterteilungen gleichzeitig auch ein Statement gegen die Playlist-(Un)kultur, die Musik mehr denn je auf die Soundtrackfunktion für Alltagsverrichtungen reduziert. Diese ist jedenfalls nicht dazu gedacht, sondern für konzentriertes, ja kontemplatives Zuhören. (2022)