Rezension
Wie Hawkins war auch Pee Wee Russell ein Überlebender aus früheren Jazz-Epochen – und wie jener weigerte er sich, sich einfach so zum alten Eisen legen zu lassen. Nachdem er sich 1950 fast zu Tode gesoffen hatte, stand er wieder auf und etablierte sich erneut als einer der weltbesten Jazzklarinettisten, der zwar seinem angestammten Dixieland-Stil meist treu blieb, doch vor Kompositionen von Coltrane und Ornette Coleman keineswegs Halt machte, gar mit Thelonious Monk auftrat (Newport 1963). Wer ihm bei seinen klassischen Aufnahmen wirklich zugehört hatte, war darüber keineswegs erstaunt: Russell hatte das, was im Dixie üblich war, stets transzendiert; seine Spielweise war erstaunlich frei und auch in ganz anderen Kontexten denkbar. Das verhält sich übrigens auf diesem Album mit dem alten Weggefährten Hawkins (die letzte gemeinsame Aufnahme hatte freilich im Jahre 1929 stattgefunden…) ganz genauso: Mit nur wenigen Tönen kann Russell ein Szenario entwerfen, für das sich auch ein Cool- oder gar Freejazzer nicht zu schämen bräuchte! So darf es auch nicht wundern, daß einer der weiteren Mitstreiter auf diesem ungewöhnlichen ‘Reunion’-Album der intellektuelle Posaunist Bob Brookmeyer ist. Außerdem zu hören: Emmett Berry (Trompete), Pianist Nat Pierce, Milt Hinton am Bass und Drummer Jo Jones! (1961/2022)