Rezension
Der Trompeter war 19, als er 1954 von Barbados, damals noch britische Kronkolonie, nach London kam. Es dauerte nicht lange, bis er zu den festen Größen der prosperierenden örtlichen Jazzszene zählte, er blieb es bis zu seinem Tod im Jahre 2010. Wobei sein Instrument nicht nur auf etlichen der bedeutendsten Jazz-Produktionen der Ära zu hören war, man begegnet ihm ebenso auf Alben der Small Faces, von Alexis Korner, Robert Wyatt, David Sylvian und Working Week. „Flare Up“ war 1970 sein längst überfälliges Debüt als Leader. Wiewohl die Besetzung eigentlich vergleichsweise überschaubar ist (Oktett mit vier Bläsern), hört man gut Becketts Erfahrung in den großen Avantgarde-Big Bands der Ära; er hatte schließlich sowohl bei Mike Westbrook wie bei John Surman gespielt. Letzterer revanchierte sich hier als Spitze eines Saxophontrios mit Alan Skidmore und Mike Osborne; die Rhythmusgruppe besteht aus Pianist John Taylor, Chris Laurence am Bass und Drummer John Webb, schließlich ist noch Vibraphonist Frank Ricotti dabei. Ein stellares Line-Up, dessen kreative Energie auch nach mehr als einem halben Jahrhundert die Luft brennen läßt. Wie hier alle acht Musiker ständig aufeinander reagieren, sich immer neue polyphone Strukturen entwickeln, kann einen schwindeln lassen, auf jeden Fall verlangt es volle Aufmerksamkeit seitens des Hörers. Die freilich in jeder einzelnen Sekunde dieses Albums belohnt wird. Originalpressungen sind so selten wie unbezahlbar; selbst die 2002er CD-Wiederauflage erzielt längst Sammlerpreise. – Liebevoll vom Analogband neu gemastert in den renommierten Gearbox-Studios! (1970/2023)