Rezension
Hier ist eine Neubewertung überfällig. Das Album wurde damals von der Kritik überwiegend in der Luft zerrissen. Richtig ist natürlich, daß Aerosmith ohne die beiden Gitarristen (Joe Perry stieg schon zuvor aus, Brad Whitfort nach den Aufnahmen zur Single “Lightning Strikes”, hier der einzige Song mit ihm) eine andere Band sind. Aber keine schlechte. Mit Ersatzmann Jimmy Crespo (der einen ausgezeichneten Job macht) nämlich zeigte sich die Rumpfband so experimentier- und risikofreudig wie nie zuvor und niemals wieder. Das beginnt mit der angstfreien Nutzung der Studio-Möglichkeiten (stolze 1,5 Millionen Dollar flossen in die Produktion) inklusive Elektronik und endet mit dem unwahrscheinlichen Cover des Entertainment-Standards “Cry Me A River”, den Steven Tyler buchstäblich zerfetzt, doch entsteht aus den Scherben und Splittern Großartiges. Dazwischen: Eine Menge stilistischer Experimente – und dann doch gar nicht so wenig erstklassiger Hard Rock. Unterm Strich ein so erstaunliches wie spannendes Album, sträflich unterschätzt: Der diskographische Tiefpunkt, als der es oft bezeichnet wird, ist es mit Sicherheit nicht. (1982/2023)