Rezension
Bislang mußte man zu den Konzerten der Sängerin gehen, um sie zu hören – nur ein einziges selbstverlegtes Album existiert, es ist bereits zehn Jahre alt und nur als Stream verfügbar; gelegentlich gastierte sie auf Arbeiten von Kollegen. Guy Sternberg, dem engagierten LowSwing-Labelbetreiber, entging ihr Talent aber dennoch nicht. Er produzierte nun Morschers ersten eigenen physischen Tonträger – den es ausschließlich auf Vinyl geben wird. Sternberg ließ mal wieder seine Beziehungen zur Szene spielen und stellte eine exzellente Band zusammen: Neben dem britischen Klavierstar Kit Downes sind Gitarrist Hanno Busch (bekannt für seine Arbeit mit u.a. der NDR Bigband, Peter Herbolzheimer, Michael Wollny oder Simon Oslender), Kontrabassisitin Lisa Hoppe (die mir ihrer eigenen Band Third Reality regelmäßig für begeisterte Kritiken sorgt) und Drummer Amir Bressler (u.a. Omer Klein Trio). Ein stellares Quartett – das hier aber höchst zurückhaltend und behutsam agiert, denn Morschers Stimme ist das Zentrum dieses Albums. Es ist eine der schönsten und nuanciertesten Jazz-Stimmen, die man in den letzten Jahren gehört hat: Weich, federnd, niemals aggressiv, aber alles andere als langweilig – man erlebt hier große Phrasisierungskunst! Morscher singt ihre eigenen Songs; daß sie als Komponistin von Joni Mitchell beeinflußt ist, würde sie wohl selbst nicht in Abrede stellen. Sie entwickelt den Stil der großen Kanadierin aber zu etwas Eigenem weiter, Verwechslungen sind unwahrscheinlich. Der kammermusikalische Charakter ihrer Musik verlangt definitiv Partner, die das Wesen von Morschers Songs voll und ganz verstehen. Die hat sie hier, siehe oben. Das Ergebnis: Ein weiteres Fünf-Sterne-Album auf diesem wunderbaren Analog-Label. Auf klanglicher Seite ja sowieso. (2024)