Rezension
Man hatte sich schon damit abgefunden, daß die Franko-Chinesin ihren Bach-Zyklus abgeschlossen hätte. Aber sechs Jahre nach ihrer Aufnahme der „Französischen Suiten“ ging die 73jährige Pianistin (längst anerkannt als eine der größten lebenden Bachinterpreten) dann doch wieder ins Studio, bzw. in die Chapelle Saint-Antoine de Névache in den französischen Alpen, wo sie die richtige Umgebung (atmosphärisch wie akustisch) fand, um die noch fehlenden „Englischen Suiten“ einzuspielen. Mehr denn je spürt man in Zhus Spiel die lebenslange Beschäftigung mit Bach, die Leidenschaft für seine Musik. Mit der die Musikerin eine symbiotische Beziehung eingeht, man es kaum anders beschreiben. Die dynamischen Möglichkeiten des modernen Klaviers nutzt Zhu nur sehr behutsam, sie spielt beinahe, als wäre der Flügel ein Cembalo, steuert mehr über Tempo- als über Lautstärke-Veränderung. So entsteht ein Bach-Erlebnis, das ebenso persönlich und intim wie authentisch und universell ist: Es gibt und gab nicht viele, die solches vermögen. (2024)