Rezension
Die Namensgleichheit des Labels ist nicht zufällig: Diese LP ist tatsächlich ein hauseigenes Produkt, anno 1982 von meinem Vater Klaus Obodda verlegt (in dessen Archiv nun auch nochmal ein größerer Posten dieser Klavierpretiose gefunden wurde). Die Zeichen der Zeit standen für aktuelle Klassikproduktionen praktisch zwingend auf Digital und DMM – doch das Ergebnis klingt in diesem Falle alles andere als schlecht. Wichtiger jedoch ist ohnedies die musikalische Seite, denn der in Österreich geborene, in den USA ausgebildete (u.a. bei Rudolf Serkin) und aus politischen Gründen in Kanada lebende Pianist ist zwar nach wie vor in Europa nur Insidern bekannt, doch definitiv einer der bedeutendsten Klavierspieler seiner Generation. Zahlreiche Einspielungen für die verschiedensten Labels – darunter ein kompletter Zyklus der Beethoven-Sonaten für Columbia – mit begeisterten Kritiken belegen das. Daß Kuertis Karriere trotz Arbeit mit Klassik-Stars und -Legenden wie Eugene Ormandy, George Szell, Yehudi Menuhin, Gidon Kremer, Janos Starker, Yo-Yo Ma oder dem Guarneri Quartett bis heute eher im Stillen verlief, liegt zum einen an einem vollständigen Desinteresse an der kommerziellen Seite seines Berufs – und eine Vorliebe für Repertoire-Raritäten, wie etwa dem Werk des bei Klavier-Eleven berüchtigten Beethoven-Schülers Carl Czerny. Für ‘uns’ (wenn ich das mal so formulieren darf) nahm Kuerti damals ein Programm aus selten gehörten russischen Werken auf, angeführt von der ersten Klaviersonate Peter Tschaikowskys, in welcher er sein (auch in besagtem Beethoven Zyklus sehr schön nachvollziehbares) großes Talent für das Erzeugen innerer Spannung wunderbar ausspielt. Wer diese Einspielung kennt, wird sich zwangsläufig fragen, warum man ein offenbar doch so dankbares Werk nicht öfter in Konzertsälen hört… Die zweite Seite enthält – quasi als Kontrast – der sogenannten ‘Salonmusik’ nahe Stücke, die in Kuertis hörbar liebevollen Interpretationen jedoch alles andere als belanglos klingen: Federleicht wiegt sich Alexander Glasunows „Grande Valse de Concert“, den der Komponist auf einer Konzertreise zur Weltausstellung in Paris konzipierte; die folgenden sechs Klavier-Miniaturen Anatol Liadovs sind beispielhaft gestaltet. Man kann der New York Times unumwunden zustimmen. Die urteilte einst nach einem Kuerti-Klavierabend: „He can play like a miracle!“. (1982)