Rezension
15 Jahre dauerte es bis zur Vinylausgabe; fast genau so lange, bis der norwegische Pianist wieder eine Solo-Klavier-LP aufnahm („Songs“, 2012). Diese erste ACT-LP Wesseltofts zeigt ihn vor seinen Jazzpuristen verstörenden, aber stets sehr spannenden Annäherungen an die Dancefloor-Klänge der Gegenwart. Und allein in Wesseltofts Hang zum Minimalismus läßt sich hier vielleicht eine Verwandtschaft ausmachen. Denn dieses Weihnachts- oder Winteralbum zeichnet sich vor allem durch eine außerordentliche Zartheit aus: Der Titel legt den Vergleich ja nahe, und er ist absolut treffend – jeder Ton hier entspricht einer Schneeflocke. Eingerahmt von zwei Eigenkompositionen spielt Wesseltoft hier ein Programm aus saisonalen Standards, teils aus seiner Heimat, teils international bekannt. Und selbst Hörer mit einer ausgesprochenen Weihnachtslied-Allergie sollten hiervon zutiefst berührt werden: Wesseltoft reduziert „In Dulce Jubilo“, „Stille Nacht“ und „Es ist ein Ros entsprungen“ auf ihre innerste Essenz, und plötzlich, ohne Kitsch, Lametta und „himmlische“ Chöre, wird einem schlagartig bewußt, wie unglaublich schön diese Lieder doch eigentlich sind. Es gibt eingefleischte, abgebrühte Plattensammler und -kritiker mit einem mindestens vierstelligen Bestand, die dieses Album ganz unverhohlen zu ihren zwei oder drei Lieblings-Alben zählen. Gut möglich, daß es Ihnen bald genauso geht. (1997/2012)