Rezension
Es ist kein Geheimnis, daß das Genie sich gegen Ende seines Lebens irgendwie verzettelt hatte, daß es dem Werk an Stringenz und Konturen fehlte. Auch in bezug auf das 2010 fertiggestellte „Welcome 2 America“ trügte ihn sein Urteilsvermögen: Dieses Album nicht zu veröffentlichen, war fraglos eine Fehlentscheidung. Denn es ist besser als beinahe alles, was nach der Jahrtausendwende noch an Alben kam. Die Grooves sind so präzise wie elegant (die Rhythmussektion aus Bassistin Tal Wilkenfeld und Drummer Chris Coleman kann man nur als göttlich bezeichnen!), die Verbeugungen vor Vorbildern wie Curtis Mayfield oder Sly Stone gelingen mit bemerkenswerter Lässigkeit, die politischen Botschaften treffen ins Mark und werden von einem genialischen Party-Hit wie „Hot Summer“ gekonnt ausbalanciert, und so schön geschweinigelt wie in „When She Comes“ hatte Prince auch schon ewig nicht mehr (das hier zu hörende Original ist besser als die frisierte Version, die dann auf „Hit N Run Phase Two“ erschien). Warum er sich damals gegen das Album entschied und nur dessen Titel behielt (für die anschließende Tour, auf der aber nichts von dem Album gespielt wurde), weiß nur der Künstler allein. Daß es nun doch existiert, mag in seinem Sinne sein oder auch nicht – es ist aber unbedingt zu begrüßen, zeigt es doch, zu welchen Höhen er immer noch fähig war. (2021)