Rezension
Die in kultureller wie politischer Hinsicht brodelnde Ära der Weimarer Republik fasziniert vor allem Künstlerpersönlichkeiten seither. Der spröde, gebrochene Charakter in der Lyrik Bertolt Brechts und der Musik von Kurt Weill und Friedrich Hollaender kam natürlich insbesondere Marianne Faithfull sehr entgegen, und so war es eigentlich nur konsequent, daß sie 1995 bei einer Neuproduktion der Dreigroschenoper in Dublin als Pirate Jenny auf der Bühne stand. Im Folgejahr ging sie, nur von Pianist Paul Trueblood, mit einem Weimar-Programm auf Tour. Der Pariser Auftritt wurde anschließend als Album veröffentlicht – man ist von den ersten Tönen des „Alabama Song“ fasziniert; es ist einer der seltenen Fälle, da Songs offenbar auf eine bestimmte Stimme gewartet haben, um ihre Erfüllung zu finden. Einziger echter Fremdkörper im Programm (Al Dubins „Boulevard Of Broken Dreams“ gehört ja immerhin noch in die Zeit) ist Harry Nilssons „Don’t Forget Me“, der sich aber auch perfekt einfügt. – Erstmals auf Vinyl! (1996/2021)