Dem Gestern hinterherjagen – das ist so ziemlich das Letzte, was Noel Gallagher nötig hat. Angesichts dieses souveränen zweiten Soloalbums glaubt man ihm unbenommen, daß ihn eine Oasis-Reunion überhaupt nicht interessiert. Den Albumtitel darf man also selbstironisch verstehen (dies bei einem Gallagher!). Denn Noel weiß natürlich, daß er vor allem eines ist: Ein Traditionalist. Einer, der die großen Songwriter der 60er verehrt und sich dabei selbstbewußt in einer Linie mit ihnen sieht. Davon zeugt „Chasing Yesterday“ in jeder Sekunde. Solche Songs hat Gallagher der Ältere wohl seit „Morning Glory“ nicht geschrieben. Und anders als einst muß hier keine großspurige Produktion die eigene Bedeutung in den Vordergrund kehren: Der „Larger Than Life“-Sound ist angenehm gedämpft, die Atmosphäre ist immer noch dicht, läßt aber Raum für Feinheiten in den Arrangements (wie Saxophon und Banjo im meisterlichen „The Right Stuff“). Dies ist das Album eines Menschen, der bei sich selbst und im Hier und Jetzt angekommen ist. Und es steckt voller großartiger Songs. Wer um seine alte Band immer noch trauert, darf nun getrost damit aufhören. (2015)